92-97 VZ-1 Klangseminar: Die Elemente der Klangsynthese

Als ein Sound-Synthesizer dient Ihr VZ-1 zum Kreieren von Sounds. Sie verwenden dieses Wort – Sound oder Klangfarbe – sicherlich häufig, haben Sie aber auch über das Entstehen eines Klanges nachgedacht? Sie werden vielleicht diesen Abschnitt besonders aufmerksam durchlesen mögen, ist es doch wichtig zu wissen, was dieses Instrument kann bevor man es bedient.

Sound: Ein Produkt der Luft?

Täglich hören wir verschiedene Klänge – Musik, menschliche Stimmen, Regentropfen – oder unsere eigenen Fußtritte. Wir können den Klang nicht sehen, können wir ihn aber beschreiben?

Technisch gesprochen ist Klang dann zu hören, wenn die Luft in Schwingungen versetzt wurde. Ein praktisches Beispiel ist die Erzeugung des Klangs einer Glocke und wie dieser von unseren Ohren wahrgenommen wird.

Falls wir eine Luftmasse ohne Klang untersuchen, dann finden wir eine relativ gleichmäßige Dichte vor. Es liegen natürlich Bewegungen der Luft vor, die aber nicht ausreichen, einen hörbaren Klang zu erzeugen. In diesem klangfreien Raum schlagen wir mit einem Hammer gegen die Glocke.

Wenn kinetische (Bewegungs-) Energie mit einem Hammer auf die Glocke übertragen wird, wird die Oberfläche der Glocke vorübergehend deformiert, d.h. die Form der Glocke wird temporär geändert. Die Energie versucht dann die Glocke wieder in ihre ursprüngliche Form zu bringen, was in Form von Schwingungen wahrnehmbar ist. Wenn die Oberfläche der Glocke schwingt, sind zwei Phänomene wahrnehmbar.

Wenn die Oberfläche der Glocke „gedehnt wird“ (durch den Hammerschlag), dann tritt eine Verdünnung der Luftpartikel rund um die Glocke auf. Einfach gesagt, verdünnte Luft ist Luft mit einem niederen Atmosphärendruck, oder weniger dicht als die umgebene Luftmasse.

Unmittelbar nach dem „Dehnen“ der Oberfläche wird diese wieder nach außen verformt, so daß die umgebenen Luftpartikel verdichtet werden. Die Luftmasse rund um die Glocke nimmt also einen hohen Atmosphärendruck an.

Die Oberfläche der Glocke wird diese Schwingung fortsetzen, bis wiederum die ursprüngliche Form und Ruhe eintritt.

Die zyklische Änderung des Luftdrucks durch die Schwingung der Luft wird als Verdichtungswelle bezeichnet. Diese Wellen im Luftdruck verursachen Schwingungen auf unseren Trommelfellen und Nerven im Innenohr übertragen diese als Klang.

Natürlich hängt die erzeugte Schwingung von einer Vielzahl von Faktoren ab – wenn der Schwingungskörper anders ist, wird auch die Schwingung ändern und damit der Klang.

Sehen von Klang mit den Augen: Wellenformen

Klang kann auf natürliche Weise nicht mit den Augen gesehen werden. Sie haben aber sicherlich schon Ausdrücke wie „diese Wellenform ist anders“ oder „dies ist fast eine reine Sinuswelle“ gehört. Was bedeuten aber diese Ausdrücke – Wellenform und Welle – und wie können sie beobachtet werden?

Für einen Moment betrachten wir die Funktionsweise eines Mikrofons. Wie Sie bereits wissen werden, wandelt das Mikrofon Druckwellen in elektrische Signale um, die dann an den Verstärker und die Lautsprecher übertragen und als Klang ausgegeben werden. Wie in der Abbildung dargestellt ist, sind diese elektrischen Signale einfach Umwandlungen von Verdichtungswellen – wobei verdichtete Luft als positive (+) Ladung und verdünnte Luft als negative (-) Ladung ausgegeben werden. Die Verdichtungswellen der Luft werden damit in elektrische Wellen umgeformt, die z.B. auf einem Oszilloskop betrachtet werden können. Diese Wellen sind zyklisch und ihre Form über der Zeit wird als Wellenform bezeichnet.

Die drei Grundelemente des Klanges

Wenn wir einen Klang hören, dann setzt sich dieser aus drei verschiedenen Parametern zusammen und zwar Tonhöhe, Timbre und Amplitude (Lautstärke).

Element 1: Tonhöhe

Mit Tonhöhe bezeichnet man die Eigenschaft eines Klanges, die ihm höher oder tiefer als andere Klänge erscheinen läßt. So sind z.B. die Noten am rechten Ende eines Keyboards höher als die am linken Ende. Die Tonhöhe einer Note wird von der Anzahl der Schwingungen bestimmt, d.h. von den zyklischen Verdichtungen und Verdünnungen der Luft.

Wenn wir Klänge in elektrische Signale verwandeln und diese auf einem Oszilloskop betrachten, dann sehen wir, daß die Schwingungen pro Zeiteinheit unterschiedlich zwischen einem „tiefen“ und einem „hohen“ Klang sind.

Betrachten wir nochmals das Beispiel unserer Glocke. Da die Glocke die Luft mit einer festen Rate verdichtet und verdünnt, werden Wellen mit bestimmten Schwingungen in der umgebenden Luft erzeugt. Diese Wellen bewegen sich von der Glocke mit einer konstanten Rate weg – mit der Schallgeschwindigkeit. Dabei hängt die Länge der Wellen von der Schwingung der Glockenoberfläche ab. Ein einziger Zyklus einer Sinuswelle ist rechts dargestellt. Die Entfernung, die die Welle in einer Zeiteinheit durcheilt, wird als Wellenlänge bezeichnet, wogegen die Anzahl der Zyklen pro Sekunde als Frequenz bekannt ist.

Wie hängt das alles mit der Tonhöhe zusammen? Sehr einfach – je höher die Frequenz, um so höher die Tonhöhe. Ein Klang mit niederer Frequenz wir eine lange Wellenform und eine niedere Tonhöhe aufweisen, wogegen ein Klang mit hoher Frequenz eine kurze Wellenform und eine hohe Tonhöhe hat. In der Welt der Wissenschaft (und der Musik) wird die Frequenz in Einheiten von „Hertz“ (Hz) gemessen. So wird mit 100 Hz ausgesagt, daß die Schwingungen 100 Mal pro Sekunde stattfinden. Eine Verdoppelung der Frequenz eines Klanges erhöht diesen um eine Oktave.

Das erklärt die Länge und die Geschwindigkeit einer „Welle“, was aber über die Höhe? Das nächste Element des Klanges – Amplitude …

Element 2: Amplitude

Im Vergleich mit der Tonhöhe ist die Amplitude (Lautstärke) sehr einfach zu verstehen. Falls wir wieder die Sinuswelle unserer Glocke betrachten, dann ist offensichtlich, daß mit härterem Schlag mit dem Hammer die Glocke größeren Schwingungen ausgesetzt wird. Dadurch ergeben sich größere Spitzen und Täler der Klangwelle und unsere Ohren hören eine größere Lautstärke. Die vertikale Höhe der Welle oder die Entfernung von der Spitze bis zum Boden des Tales in einem einzigen Zyklus wird als Amplitude bezeichnet. Einfach ausgedrückt entspricht die Amplitude der Lautstärke – je größer die Amplitude umso lauter die Lautstärke.
Wenn wir die Lautstärke eines Klanges betrachten, dann ist die Änderung der Lautstärke ein wichtiger Aspekt. Zum Beispiel hören Sie den Klang, der durch Anschlagen einer Taste eines Pianos entsteht. Wenn der Hammer die Saite anschlägt, steigt die Lautstärke von totaler Stille bis zum Maximum fast sofort an. Danach wird der Klang schwächer, wenn die Schwingungen der Saite von der umgebenen Luft bedämpft wird. Wenn Sie die Taste freigeben, dann wird die Saite und der Klang sehr schnell bedämpft.

Während all dieser Vorgänge hat sich die Lautstärke oder Amplitude ständig geändert. Wenn wir diese Änderungen der Lautstärke mit der Zeit grafisch betrachten, können wir sehen, daß die Amplitude eine „Form“ über der Zeit aufweist. Diese „Form“ ist als Amplituden-Hüllkurve einer Note bekannt.

Falls Sie z.B. eine Flöte und eine Klarinette mit genau der gleichen Tonhöhe und dem gleichen Lautstärkepegel spielen, werden Sie nicht den gleichen Klang hören.

Und damit sind wir bei unserem dritten Element des Klanges – Timbre.

Element 3: Timbre

Timbre ist die Qualität eines Klanges, die uns zwischen zwei Klängen mit der gleichen Tonhöhe unterscheiden läßt. Wenn wir nochmals das Beispiel der Glocke betrachten, dann sehen wir daß die Form der Welle von den Verdichtungen und Verdünnungen der Luft durch die Schwingungen der Glocke abhängt.

Betrachten Sie nun die rechts abgebildeten Partikel. Wie Sie erkennen können, ist die Klangquelle so, daß die Partikel auf einen bestimmten Druck für eine bestimmte Zeitspanne verdichtet und danach für die gleiche Zeitspanne verdünnt werden.

Falls wir diesen Vorgang grafisch betrachten, erhalten wir eine „Rechteckswelle“.

Erinnern Sie sich, daß die Rechteckswelle noch immer die gleiche Geschwindigkeit wie die Sinuswelle aufweist; wenn sie die gleiche Wellenlänge hat, wird unser Ohr sie als gleiche Tonhöhe interpretieren. Da aber der Luftpartikel auf andere Weise vibrieren, hören wir ein unterschiedliches Timbre.
Grundlegend gesprochen können wir Wellenformen in drei Typen unterteilen.

Der VZ-1 bietet insgesamt 8 verschiedene Wellenformen. Sie werden diese genau kennenlernen, wenn Sie den VZ-1 verwenden.

Grundwellen und Harmonische – Formen des Timbres

Nun da Sie etwa wissen was Klang ist und wie er entsteht, möchten Sie natürlich auch wissen wie Sie die Form einer Welle ( = Timbre) bestimmen können, um den gewünschten Sound zu erzeugen. Betrachten Sie zuerst das Diagramm.

Diese Abbildung zeigt, wie zwei Sinuswellen in eine Form von Sägezahnwelle kombiniert werden können. B ist die Grundsinuswelle, wogegen C eine Sinuswelle mit der doppelten Frequenz (eine Oktave höher) und der halben Amplitude (Lautstärke) von B ist.

Wenn wie B und C kombinieren, erhalten wir die Wellenform A. A ist keine perfekte Sägezahnwelle; wir nähern uns aber einer solchen, wenn wie Sinuswellen mit 1/3, 1/4, 1/5 usw. des Pegels der Grundwelle addieren.

Auf diese Art kann jede Wellenform durch Addition einer bestimmten Anzahl von Sinuswellen zu einer grundlegenden Sinuswelle erzeugt werden. Wellen wie C mit Frequenzen, die ein ganzzahliges Vielfaches der Grundwelle sind, werden als „Harmonische“ bezeichnet.

Die Wellenform und damit das Timbre, wird durch die Art der Harmonischen bestimmt, die zu der grundlegenden Sinuswelle addiert wurden. Auf einfache Weise ausgedrückt, umfassen fast alle Sounds mit unterschiedlichem Timbre, die unser Ohr erreichen, eine Vielzahl unterschiedlicher Harmonischer und es sind diese Harmonischen, die für die Klangeigenschaft verantwortlich sind.

Hüllkurven: Klang über die Zeit

Das Wort Hüllkurve (Envelope) mag neu für Sie sein – stellt aber einen wichtigen Bestandteil für das Verständnis des Klanges dar und besonders für die Klangsynthese.

Eine Hüllkurve stellt eine Spannung dar, die sich mit der Zeit ändert. In dem VZ-1 werden Hüllkurven verwendet, um die Amplitude, Tonhöhe und das Timbre eines Klanges mit der Zeit zu formen.

Um die Hüllkurven genauer zu verstehen, denken Sie an den Klang einer Violine. Wenn die Saite einer Violine gespielt wird, ändern die Lautstärke, die Tonhöhe und auch das Timbre etwas über der Zeit. Falls keine Änderung über der Zeit eintreten würde, dann hat der Klang keinen Anfang, keine Tonhöhenänderung und kein Ende!

Denken Sie nun an ein Piano. Falls eine Pianonote ohne Abfall kontinuierlich erklingen würde, könnte man sie kaum von der Note einer Flöte unterscheiden.

Hüllkurven bestimmen also die gesamte „Form“ eines Sounds über der Zeit – einschließlich der Variationen in der Tonhöhe, der Lautstärke und des Timbres.

Der VZ-1 läßt Sie Hüllkurven in bis zu 8 Stufen kreieren, indem Sie die RATE und LEVEL (Pegel) Spezifikationen an bis zu 8 Punkten der Hüllkurve vornehmen.

RATE

Mit RATE wird die Steigung (Innenwinkel gegenüber der horizontalen Achse) jeder Stufe der Hüllkurve bezeichnet. Ein RATE Wert von „99“ bezeichnet eine Steigung von fast 90°, wogegen ein RATE Wert von „0“ fast 0° entspricht. Da der verwendete Wert ein absoluter Wert ist, nimmt die Steigung direkt proportional zum RATE Wert zu oder ab, ob nun die Welle einen Anstieg oder einen Abfall zu verzeichnen hat. Dies bedeutet, daß eine steile Steigung eine schnelle Pegeländerung verursacht, wogegen eine flache Steigung eine langsame Pegeländerung mit sich bringt.

LEVEL (Pegel)

Der LEVEL Parameterzeigt an, bis zu welchen Punkt die Hüllkurve in jeder Stufe ansteigt oder abfällt. Für die DCO Hüllkurve bedeutet LEVEL eine Tonhöhe, wogegen für eine DCA Hüllkurve LEVEL gleich der Amplitude (Lautstärke) ist.

Wie RATEs und LEVELs zusammenwirken

Um einen Zusammenhang zwischen RATE und LEVEL zu verstehen, betrachten Sie eine typische Amplituden-Hüllkurve, wie sie rechts abgebildet ist.

Musikalischer Klang und Rauschen

Abhängig von den charakteristischen Schwingungen, kann ein Klang als „musikalisch“ oder als „Rauschen“ eingestuft werden. Klänge mit regelmäßig zyklischen Schwingungen werden als Musikalisch betrachtet (d.h. ein Klang, in dem sehr wenig nicht harmonische Komponenten vorhanden sind), wogegen unregelmäßige Schwingungen (d.h. solche mit nichtharmonischen Komponenten) als Rauschen klassifiziert werden.

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